Bereits im Mittelalter gab es religiöse Bewegungen, die soziales und kirchliches Unrecht an den Pranger stellten. Kirchliche und weltliche Staats- und Regierungschefs konnten lange Zeit Änderungen aufhalten. Das veränderte sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Die Kunst des Druckens war erfunden und ermöglichte eine schnelle Verbreitung neuer Ideen. Selbstbewusste Landesherren in Deutschland erkannten die Autorität der Kirche in Rom nicht mehr als selbstverständlich an.
Martin Luther
In diesem Klima sorgten die „Thesen“, die der Mönch Martin Luther 1517 an die Kirche in Wittenberg anschlug, für viel Aufsehen. Luther war der Ansicht, dass die Bibel die wahre Quelle der Wahrheit war und nicht die Worte der Kirche oder des Papstes. Um in den Himmel zu kommen, musste man keine Begnadigungsschreiben kaufen, nicht beichten und keine gute Arbeit erledigen. Luther zufolge kam man allein in den Himmel durch aufrichtigen Glauben an Gott und durch das Vertrauen in Gottes Liebe und Vergebung.
Auf dem Reichstag zu Worms weigerte er sich, seine Thesen zurückzuziehen. Seine Lehre fand immer mehr Anhänger, die sich selbst „Lutheraner“ nannten. Luther glaubte zudem, dass das Volk sich nicht gegen einen Fürsten erheben durfte, weil Gott diesen Fürsten dazu bestimmt hatte, das Volk zu regieren. Widerstand gegen den Monarchen wäre daher Widerstand gegen Gott. Deshalb fand Luther (im Gegensatz zu früheren Reformern) Schutz durch die deutschen Monarchen.
Wiedertäufer
In der Zeit nach Luthers Reformation bildeten sich radikale Sekten in Mitteleuropa, die den christlichen Glauben immer wieder in neuen Varianten interpretierten. Da dies mit vielen sozialen Unruhen verbunden war, lehnten Herrscher wie Graf Arnold I. von Bentheim sie zunächst ab. Eine dieser Sekten waren die „Täufer“, die unter anderem die Säuglingstaufe ablehnten, weil Säuglinge noch keinen freien Willen haben. Auch in der Grafschaft Bentheim gab es viele Täufer. 1532 verließ der Pfarrer Bernhard Krechting mit einer Gruppe von Anhängern die Kirche von Gildehaus und schloss sich den Täufern an, die die Stadt Münster übernommen hatten. Das war eine direkte Bedrohung für die etablierte Macht und darum belagerte der Bischof von Münster die Stadt u. a. mit Hilfe von Graf Arnold I. von Bentheim. Nach der Einnahme der Stadt wurden 650 Täufer und einige Führer, darunter Bernhard Krechting und Jan van Leiden, hingerichtet.
Grafschaft wird lutherisch
Die Zahl der Lutheraner nahm weiter zu, auch in der Grafschaft Bentheim. Der bentheimische Hofpfarrer Johann van Loen war ein fleißiger Verteidiger der neuen Doktrin und hatte großen Einfluss auf Gräfin Walburga Frau des Grafen Arnold I. Sie ermutigte ihren Mann zum Bibelstudium und gab ihm Schriften von Luther. Unter dem Einfluss seiner Frau und seines Cousins Konrad von Tecklenburg, der bereits zuvor zum reformierten Glauben übergetreten war, rief Arnold I. schließlich 1544 alle
Pastoren der Grafschaft in Bentheim zusammen. Bei dem Treffen beschloss
man die „Abschaffung der pӓpstlichen Religion, der Messopfer, Prozessionen, Anrufe der Heiligen usw.“ und schloss sich dem Augsburger Bekenntnis an, d. h.: dem 1530 von Martin Luther und seinem Freund Melanchthon verfassten Glaubensbekenntnis. Von da an wurden die Gottesdienste auf lutherische Weise abgehalten, wobei die Predigt und das Singen von Psalmen im Mittelpunkt standen. Das Äußere der Kirche änderte sich kaum, dies sollte erst später, während des Bildersturms, geschehen.
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Tags: Geschichte, Reformation, Maarten Luther, Bad Bentheim
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